In Frankreich hat der Prozess gegen drei ehemalige hochrangige Ubisoft-Mitarbeiter begonnen. Serge Hascoët, Tommy François und Guillaume Patrux stehen in Bobigny bei Paris vor Gericht. Die Anklagen umfassen sexuelle Belästigung, versuchte sexuelle Übergriffe sowie psychischen Missbrauch. Der Prozess soll eine Woche dauern. Insgesamt sollen neun ehemalige Ubisoft-Angestellte – drei Männer und sechs Frauen – über ihre Erfahrungen mit den Angeklagten aussagen.
Die Vorwürfe reichen bis ins Jahr 2020 zurück. Damals kamen interne Missstände ans Licht, woraufhin Ubisoft öffentlich tiefgreifende Veränderungen in der Unternehmenskultur ankündigte.
Schwere Anschuldigungen im Detail
Serge Hascoët, der bis zu seinem Rücktritt als Chief Creative Officer tätig war, wird unter anderem beschuldigt, in einem Meeting gesagt zu haben, er müsse mit einer Mitarbeiterin schlafen, um sie „zu beruhigen“. Weitere Vorwürfe umfassen islamfeindliche Aussagen und gezieltes Mobbing – etwa das Ändern des Bildschirmhintergrunds einer muslimischen Kollegin zu einem Bild mit einem Speck-Sandwich während des Ramadans.
Guillaume Patrux, ein früherer Game Director, wurde laut Zeugenaussagen gewalttätig und einschüchternd. Er soll unter anderem so getan haben, als wolle er Mitarbeitende schlagen, mit einer Peitsche in Gesichtern herumgefuchtelt und einem Kollegen den Bart angezündet haben.
Die schwersten Vorwürfe richten sich jedoch gegen Tommy François, den früheren Vizepräsidenten für Redaktion und kreative Dienste. Zwischen 2012 und 2020 soll er im Großraumbüro pornografische Filme abgespielt und wiederholt Kommentare zum Aussehen von Mitarbeiterinnen gemacht haben. Eine neu eingestellte Frau soll er zum Handstand im Rock gezwungen, an einen Stuhl gefesselt und mit dem Fahrstuhl in ein anderes Stockwerk geschickt haben. Zudem wird ihm ein versuchter sexueller Übergriff bei einer Weihnachtsfeier vorgeworfen, bei dem er eine junge Kollegin gegen ihren Willen küssen wollte – sie konnte sich jedoch befreien.
Alle drei Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Laut Aussage seines Anwalts weist Hascoët sämtliche Anschuldigungen zurück und habe nie Hinweise auf Fehlverhalten innerhalb des Unternehmens erhalten.
Angst vor Konsequenzen
Berichten zufolge haben sich mehrere Betroffene aus Angst vor beruflichen Nachteilen gegen eine offizielle Beschwerde entschieden. Der aktuelle Prozess könnte somit ein wichtiges Signal für den Umgang mit Machtmissbrauch in der Spieleindustrie setzen.