Electronic Arts (EA) wird für bis zu 55 Milliarden Dollar von der Börse genommen. Was bedeutet dieser Mega-Deal für Spiele wie FC, Madden, Die Sims und Battlefield? Mit diesem Artikel versuchen wir die wichtigsten Fragen zu erklären und wem die Gaming-Welt jetzt noch gehört.
Das Ende einer Ära: EA ist jetzt „privat“, oder?
Electronic Arts (EA), bekannt für EA Sports FC (früher FIFA), Battlefield und Die Sims, wird nach Abschluss der Transaktion, der für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2027 erwartet wird, nicht mehr an der Börse gehandelt. Ein riesiges Investorenkonsortium hat zugeschlagen und will den US-Publisher für bis zu 55 Milliarden US-Dollar kaufen.
Dieser Schritt, bekannt als Privatisierung, hat weitreichende Folgen. Nachdem bereits Activision Blizzard (Call of Duty) an Microsoft verkauft wurde und Ubisoft (Assassin’s Creed) durch die starke Minderheitsbeteiligung des chinesischen Giganten Tencent strategisch nicht mehr rein unabhängig ist, verschwindet nun der dritte der vier größten unabhängigen Videospiel-Publisher.
Die Käufer sind: Eine Mischung aus Finanzmacht und Geopolitik.
- Silver Lake: Einer der weltgrößten Tech-Investoren, spezialisiert auf Leveraged Buyouts (LBOs, eine spezielle Art der Unternehmensübernahme). Der Fokus liegt auf der massiven Steigerung der Rendite und der Effizienz des gekauften Unternehmens, oft durch radikale Kostenkürzungen und aggressive Neuausrichtung.
- Der saudische Public Investment Fund (PIF): Einer der größten Staatsfonds der Welt, der Milliarden in globale Gaming- und Tech-Firmen wie Nintendo, Capcom, Embracer, ESL Faceit und Uber investiert. Der Kauf dient primär der strategischen Diversifizierung und dem politischen Einfluss im Westen, steht aber wegen der Menschenrechtslage im Königreich in der Kritik.
- Affinity Partners: Jared Kushner (Schwiegersohn des ehemaligen US-Präsidenten) Investmentfirma, die kurz nach dem Ausscheiden aus der US-Regierung gegründet wurde. Der kritische Punkt: Ein Großteil des verwalteten Kapitals stammt direkt vom PIF. Affinity dient als strategischer Mittler, der die saudischen Milliarden mit US-Assets verbindet und massive Fragen zu möglichen Interessenkonflikten aufwirft.
Dieser Kauf ist kein normaler Handel. Er verändert die Spielregeln der gesamten Branche und stellt uns vor drei zentrale Probleme.
Die drei großen Konsequenzen des Mega-Deals
Der EA-Kauf ist ein Leveraged Buyout (LBO). Das bedeutet, das Konsortium leiht sich den Großteil des Geldes, um EA zu kaufen, und drückt die Schulden anschließend dem gekauften Unternehmen selbst aufs Auge. Dieser Mechanismus führt zu den folgenden Problemen:
1. Geld und Qualität: Der extreme Zwang zur Rendite
Als privates Unternehmen muss EA keine Quartalsberichte mehr veröffentlichen, was dem Management mehr Ruhe geben könnte. Doch der Schuldenberg aus dem LBO erzeugt einen noch härteren Druck als der alte Aktionsärszwang.
Risiko von noch mehr Ingame-Käufen: Um die Schulden zu tilgen, müssen die Investoren sofort und garantiert Einnahmen sehen. Das bedeutet: Marken wie EA Sports FC und Apex Legends könnten noch aggressiver auf Mikrotransaktionen, Lootboxen und Live-Service-Modelle setzen, um den Profit zu maximieren. Ebenso könnten auch die Spiele des Publishers teurer werden bzw. länger beim UVP verweilen.
Keine Experimente: Investitionen in neue, risikoreiche Spiele mit langer Entwicklungszeit oder Singleplayer-Abenteuer ohne garantierten Langzeitgewinn könnten schnell gestrichen oder eingefroren werden.
2. Geopolitischer Einfluss: Saudische Milliarden und Kushners Rolle
Die Kontrolle über EA liegt nun in großen Teilen bei einem Staatsfonds.
Strategie des PIF: Der saudische PIF hat das Ziel, das Land unabhängiger vom Öl zu machen und globalen Einfluss zu gewinnen. Der Kauf eines Publishers mit weltbekannten Sportmarken ist ein wichtiger Schritt, um in der westlichen Unterhaltungswelt Fuß zu fassen.
Kushners Finanzierung: Die Firma Affinity Partners ist hier besonders wichtig. Sie fungiert als Mittler im Deal, wobei ein Großteil des Kapitals, das Affinity verwaltet, direkt vom saudischen PIF stammt. Die Verbindung zwischen dem saudischen Staatsfonds, Kushners politischen Beziehungen und einem der größten US-Publisher ist daher der kritischste Aspekt des gesamten Deals.
3. Der letzte große, unabhängige Dino: Take-Two
Die Konsolidierung in der Gaming-Welt schreitet rasant voran. Nachdem EA nun von der Börse verschwindet und in die Hände von Finanzinvestoren fällt, stellt sich die Frage: Wer noch übrig geblieben ist? Wer ist der letzte große, unabhängige klassische Big-Player?
- Ubisoft: Ist bereits stark an den chinesischen Tech-Riesen Tencent gebunden (der dort eine große Minderheitsbeteiligung hält).
- Epic Games: Ist durch hohe Anteile von Tencent und Sony ebenfalls nicht mehr rein unabhängig.
- Embracer Group: Die schwedische Holding ist kein traditioneller Publisher, sondern agiert als Konglomerat. Sie ist ein Konsolidierer, der Hunderte von Studios und Marken (wie Plaion oder THQ Nordic) unter sich versammelt hat. Wegen ihrer immensen Schuldenlast und der anhaltenden Restrukturierung (Verkauf von Studios, Schließungen) wird sie nicht als stabiler, großer Publisher im klassischen Sinne angesehen.
Als größter verbliebener, börsennotierter Publisher, der weder einem Konsolenhersteller (Microsoft/Sony/Nintendo) noch einem Staats- oder Tech-Giganten (PIF/Tencent) oder zu einem Konglomerat (Embracer Group) gehört, bleibt nur noch Take-Two Interactive übrig. Take-Two ist zwar formal eine Holding (mit Rockstar Games, 2K und Zynga), steuert aber zentral die Strategie, das Marketing und die Finanzen seiner wenigen extrem wertvollen Marken, bzw. gibt die Richtung vor. Damit ist es der letzte verbliebene klassische Publisher-Gigant. Damit wird das Unternehmen mit den wertvollsten Spiele-Marken der Welt (Grand Theft Auto, Red Dead Redemption, Mafia, Borderlands, NBA 2K) über Nacht zur letzten großen Bastion der Unabhängigkeit in der westlichen Gaming-Industrie. Und evtl. auch zum letzten ultimativen Übernahmeziel?